07.05. – 22.05.: Zwei Wochen eintauchen in eine andere Welt

Indonesien – ein Entwicklungsland mit hohen Wachstumsraten

Nach zwei Flugstunden in einer anderen Welt

Nach dem Kurzbesuch der hochmodernen Metropole Malaysias, deren Sauberkeit und Ordnung und den Regeln, die in KL auch befolgt wurden, brachte uns ein knapp dreistündiger Flug mit Air Asia in das rund 1600 km südöstlich gelegene Yogyakarta. Dieses Mal hatten wir Sitze mit extra Beinfreiheit gebucht, so dass ich bequem schreiben und Fotos bearbeiten konnte. Das Essen, dieses Mal indonesisch, für drei Euro war wie immer bei Air Asia ganz okay. Wir hatten Glück und konnten einige Tiefblicke auf die Javasee und auf Java werfen. Java wirkte in weiten Teilen wie ein riesiger Flickenteppich aus Siedlungen, Reisfeldern und vereinzelten Wäldern. Der Süden wird wie Sumatra von einer Gebirgskette durchzogen. Daraus tauchten immer wieder bedrohlich wirkende Vulkane empor.

Hohes tektonisches Gefährdungspotential

In der Tat gehört Indonesien mit seinem Inselbogen, bestehend aus Sumatra, Java, Bali, Lumbok, Sumbaya, Flores und anderen Inseln zu den tektonisch aktivsten Gebie-ten der Welt. Verheerende Vulkanausbrüche, stärkste Erdbeben sowie Seebeben mit nachfolgen-den Tsunamis sind recht häufig, und haben des-halb oft drama-tische Folgen, weil weite Teile Indonesiens sehr dicht besiedelt sind. Grund dafür ist die ausgedehnte Subduktionszone. Hier schiebt sich die ozeanische Kruste der indisch-australischen Platte unter die kontinentale Kruste der chinesischen Platte, so dass es zu Auffaltungen der Erdkruste kommt, hohe Gebirge mit mächtigen Vulkanen entstanden. Dieser Prozess ist bis heute aktiv, die in der Erdkruste entstehenden gewaltigen Spannungen entladen sich, Erdbeben sind die Folge.

Der größte Inselstaat

Indonesiens Superlative sind beeindruckend: Das Land besteht aus rund 17500 Inseln (davon ca. 6000 bewohnt), die nordsüdliche Ausdehnung beträgt knapp 1900 km, die west-östliche stattliche 5114 km, wobei sich das Land beidseits des Äquators befindet und sich von knapp 60N bis 110S erstreckt. Indonesien ist mit 1,9 Millionen Quadratkilometern der größte Inselstaat der Erde sowie mit 240 Millionen Einwohnern weltweit die viertgrößte Nation (Nach China, Indien und den USA). Dazu ist Indonesien das größte muslimische Land der Welt, 88% der Bevölkerung gehören dem Islam an. Allerdings sahen wir nur wenige Frauen, die Schleier oder Kopftücher trugen. In Gesprächen bestätigten uns junge muslimische Frauen, dass in vielen Regionen eine eher liberal geprägte Form des Islam praktiziert würde. Zudem ist der Islam nicht Staatsreligion, jedoch muss sich jeder Bürger zu einer der großen fünf Weltreligionen bekennen.

Entwicklungsland mit großen Gegensätzen

Gleichzeitig ist Indonesien von allen Ländern, die wir während unserer Reisen besuchten, neben Peru das Land mit dem niedrigsten Entwicklungsstand. Bereits in Kuala Lumpur unterhielten wir uns mit zwei jungen indonesischen Frauen aus Sumatra, die in einem Food-Court indonesische Teigtaschen verkauften. In ihrer Not verdienten die beiden Mütter ihr Geld im weiter entwickelten Nachbarland Malaysia, schickten einen Großteil des Verdienstes zu den Großeltern, die ihre Kinder betreuten. Nur alle vier Monate konnten sie sich eine kurze Heimfahrt leisten, um ihre Kinder zu sehen.

Das Bruttoinlandsprodukt von rund 3500 US-$ pro Kopf ist zwar für ein Entwicklungsland beachtlich, jedoch leben über 25% der Bevölkerung in Armut –in manchen Provinzen in den östlichen Landesteilen steigt dieser Anteil sogar auf 44%-, fast die Hälfte erwirtschaftet ihren kärglichen Lebensunterhalt in der Landwirtschaft. Zum Beispiel erhalten Reiserntehelferinnen für 12 Stunden Erntearbeit umgerechnet einen Lohn von 2,50 €, so erzählte uns Umu aus Yogyakarta, mit der wir eine geführte Fahrradtour entlang einiger Villages am Rand der ostjavanesischen Metropole unternahmen. Mit einem Human Development Index von rund 0,6 (theoretisches Maximum 1,0), der mittels einiger wichtiger Indikatoren berechnet wird und den Stand der menschlichen Entwicklung abbilden soll, liegt Indonesien weltweit nur an 124. Stelle. Dieser Wert weist Indonesien als Land mit geringem Entwicklungsstand aus.

Im Ergebnis haben wir nur einen sehr kleinen Eindruck von Indonesien gewinnen können. Die erwarteten Naturerlebnisse blieben größtenteils aus, zu dicht besiedelt waren die Regionen, die wir besuchten. In der Tat gehört Java mit seinen Metropolen Jakarta und Yogyakarta sowie weiteren Millionenstädten zu den am dichtesten besiedelten Regionen weltweit. Über die Hälfte der Einwohner drängen sich auf dieser vergleichsweise kleinen indonesischen Insel. Ist die Gesamtbevölkerungsdichte mit 126 Einwohnern pro Quadratkilometer noch recht moderat, so ist die Verteilung extrem ungleich. Auf Java leben über 1000 Menschen auf einen Quadratkilometer (zum Vergleich: Deutschland 230 / Hamburg 2400). Auch die Inseln Bali (800) und Lombok (600) sind sehr dicht besiedelt. Umstrittene Umsiedlungsprojekte (Transmigrasi) haben an dieser Grundsituation nichts geändert.

Naturzerstörung aus wirtschaftlichen Interessen

Andererseits zählen die Regenwaldgebiete der immerfeuchten Tropen Borneos, Sumatras, Westjavas, Papuas, Sulawesis und den Molukken zu den größten weltweit. Hier gibt es noch eine Artenvielfalt, die ihresgleichen sucht. Jedoch wird illegal und legal der Regenwald gerodet, um landwirtschaftliche Flächen zu gewinnen, Palmölplantagen anzulegen, Grundstoffe für die Papierherstellung zu gewinnen, Rohstoffvorkommen zu erschließen oder tropische Edelhölzer zu ernten. Über 80% des Holzes stammen aus illegalem Einschlag. Deshalb gibt es in Indonesien weltweit am meisten Tierarten, die vom Aussterben bedroht sind. Der Orang Utan ist in Bezug darauf das bekannteste Symbol dieses unkontrollierten Raubbaus, der von der indonesischen Administration nicht ernsthaft bekämpft wird. In deren Augen ist unberührter Regenwald nichts weiter als unnütze, unproduktive Landfläche, die es gilt, wirtschaftlich auszubeuten. Die indigenen Bevölkerungsgruppen nutzen den Regenwald hingegen immer noch. Traditionelle Nutzformen wie Jagd, Fischfang oder Wanderfeldbau (shifting cultivation) bilden ihre Lebensgrundlage.

Übrigens: Große Waldflächen werden abgebrannt. Durch die Brandrodung werden große Mengen des in der Vegetation gebundenen Kohlenstoffes freigesetzt. Besonders dramatisch ist die Situation in Borneos, weil durch die Vernichtung der Torfregenwälder besonders viel Kohlendioxid emittiert wird. 80% der indonesischen Kohlendioxidemissionen gehen auf Waldrodungen zurück. Indonesien gehört deshalb zu den großen Emittenten des Treibhausgases Kohlendioxid und trägt auf diese Weise erheblich zur Klimaerwärmung bei. Regenwaldflächen, die zur landwirtschaftlichen Nutzung Umsiedlern aus den dicht besiedelten Gebieten in Sumatra oder Borneo überlassen werden, werden schon nach kurzer Zeit von den Siedlern wieder verlassen, weil die Ernteerträge wegen der sehr unfruchtbaren tropischen Böden schon nach wenigen Jahren in hohem Maße sinken. Im Ergebnis werden in den nächsten Jahrzehnten die größten Teile der heutigen Primärwälder Indonesiens verschwunden sein.

Besonders fatal ist die stark steigende Nachfrage aus den Industrieländern nach Palmöl. Grund: Palmöl wird schon längst nicht mehr nur für die Nahrungsmittelindustrie oder Kosmetikindustrie eingesetzt, sondern zunehmend dem Kraftstoff beigemischt, um sogenannten Biosprit herzustellen. In Uelzen betreiben die Stadtwerke ein Kraftwerk, das mit Palmöl befeuert wird. Grund: Die angeblich CO2 neutrale Energiegewinnung. Ein wahrer Boom neuer Palmölplantagen in den tropischen Ländern ist die Folge. Allein in Indonesien werden jährlich 20000 Quadratkilometer (etwa die Fläche Schleswig-Holsteins) brandgerodet, um Flächen für neue Plantagen zu gewinnen. Im Ergebnis wird durch Rodung, Verarbeitung und Transport mehr Kohlendioxid freigesetzt als durch die Beimischung zum Kraftstoff eingespart wird. Abgesehen davon werden die wertvollen Regenwälder, die zu den großen Kohlendioxidspeichern zählen, unwiederbringlich vernichtet.

 

Umfangreiche Informationen von der Tropenwaldstiftung gibt es hier.

 

 

Vielfalt und Konflikte durch Volksgruppen und Religionen

Rund 360 verschiedene Völker leben in Indonesien. Die meisten Menschen gehören den malaiischen Volksgruppen in den westlichen Landesteilen an, dazu gehören in der Mehrzahl die jungmalaiischen Völker (42% Javaner, 15% Sundanesen). Im Osten Indonesien besteht die ursprüngliche Bevölkerung vor allem aus melanesischen Volksgruppen. Aber selbst in Papua (West-Neuguinea) ist der Anteil der rein melanisischen Bevölkerungsgruppen durch Vermischung und Zuwanderung mittlerweile auf rund die Hälfte gesunken. In einzelnen, westlichen Landesteilen leben zudem polynesische Bevölkerungsgruppen. Für den indonesischen Staat ist es Leitmotiv und gleichermaßen eine Mammutaufgabe, im Sinne des „Nation-Buildings“ eine Nation zu schmieden. Nach unserem kleinen Eindruck hat sich in einigen Landesteilen statt der alten Stammesbezeichnung die Bezeichnung Indonesier durchgesetzt. Allerdings gibt es nach wie vor Landesteile, in denen sich separatistische Bewegungen für eine Abspaltung einsetzen. So ist Osttimor heute ein eigener Staat, während Westtimor zu Indonesien gehört. Auch in Papua gibt es aktive Gruppen, die eine Abspaltung wünschen. Im Zuge der Transmigrasi-Projekte kam es infolge der Ansiedlung von Javanesern auf Sulawesi und auf Borneo zu gewaltsamen Auseinandersetzungen.

Im Westen Sumatras brodelt es ebenso. Nach gewaltsamen Auseinandersetzungen mit den dortigen Separatisten wurde der Provinz Aceh ein halbautonomer Status zugestanden. Seit 2001 gilt dort bereits die islamische Gesetzgebung der Scharia. Verhaltensweisen, die als „nicht islamisch“ angesehen sind, werden von der Polizei verfolgt. Dazu gehört auch die Missachtung von muslimischen „Kleidervorschriften“. In der Tat ist die Region Aceh ein Beispiel der ethnischen Probleme, die gleichzeitig religiös bedingt sind. Auch wenn die meisten Menschen einem eher moderaten Islam angehören, herrscht in einigen Regionen religiöser Extremismus, so in Teilen Sumatras und in Westjava. Seit 1999 sind bei Zusammenstößen zwischen Moslems und Christen rund 10000 Menschen ums Leben gekommen.

Tatsächlich hat die bewegte Geschichte zu einem Nebeneinander der großen Weltreligionen geführt. Die großen asiatischen Religionen Hinduismus und Buddhismus sind die ältesten auch heute noch praktizierten Glaubensbekenntnisse. Historische Zeugen aus der Blütezeit dieser beiden Religionen sind die weltberühmten Tempel Borubudur (Buddhismus) und Pranbanan (Hinduismus) im Norden von Yogyakarta (Ostjava). So wie in Malaysia brachten arabische Kaufleute im Spätmittelalter und in der Frühneuzeit den Islam nach Indonesien, während seit der Kolonisation durch die Portugiesen um 1500 die christliche Missionierung einsetzte, die durch die späteren niederländischen Kolonialherren ab 1600 fortgeführt wurde.

Heute dominiert der Islam das große Inselreich. Dennoch gibt es noch einige Inseln, wo der Islam nicht die meist praktizierte Religion ist. So dominieren auf Bali (teilweise auch auf Lombok) die Hindus, im Raum Yogyakarta gibt es bedeutende buddhistische Enklaven und in Flores und Westtimor sind Katholiken am meisten verbreitet. Teilweise ist der Glaube durch animistisch-christliche Verhaltensweisen (Vermischung christlicher und naturreligiöser Glaubenselemente) geprägt, so in Papua oder auf einigen abgelegenen, östlichen indonesischen Inseln.

Ein junger Staat und ein dornenreicher Weg in die Selbständigkeit

1945 rief der Staatsgründer Sukarno die Unabhängigkeit Indonesiens aus. Seit 1600 war Indonesien niederländische Kolonie. Die Niederländer übernahmen damit das Gewürzmonopol der bis dahin dominierenden arabischen Kaufleute. Seitdem ist Indonesien eine Präsidialrepublik. Ab 2004 wird der Präsident direkt vom Volk gewählt. In den Augen der Weltöffentlichkeit gilt Indonesien seit diesem Datum als demokratischer Staat.

Aber der Weg zum Staatsgebilde des heutigen Indonesien war viele Jahre durch den Widerstand der ehemaligen Kolonialherren geprägt, die ihre älteste Kolonie Niederländisch-Indien nicht sogleich aufgeben wollten. Dabei mussten sie im März 1942 nach der japanischen Invasion kapitulieren. Doch nach dem zweiten Weltkrieg versuchten die Niederländer, ihre ehemalige Kolonie zurückzugewinnen.

Der Einfluss Sukarnos erstreckte sich zunächst nur auf die Gebiete Java, Sumatra und Madura. Die übrigen Inseln wurden von den Niederländern kontrolliert. Von dort versuchten sie gewaltsam, ihren Einflussbereich auf ganz Indonesien auszudehnen, was ihnen zunächst im niederländisch-indonesischen Krieg von 1947/48 auch gelang. Jedoch war der Kampf gegen eine versteckt agierende, indonesische Guerilla in den Augen der Weltöffentlichkeit nicht zu rechtfertigen. Nach einem niederländischen Massaker im Dezember 1947 im westjavanesischen Dorf Rawagede wuchs die Kritik an der niederländischen Vorgehensweise. Bei dem Massaker kamen 431 Javanesen um das Leben, nur zehn Männer überlebten.

Auf amerikanischen Druck nahmen die Niederländer 1949 endlich Verhandlungen auf, am 27. Dezember 1949 wurde Indonesien ein selbstständiger Staat. Bis 1954 blieb West-Papua allerdings als niederländisch-indonesische Union unter niederländischer Verwaltung.

Indonesien - Schwellenland oder Entwicklungsland

Ich habe Indonesien als Entwicklungsland bezeichnet. Darüber könnte man trefflich streiten. "Offiziell" gilt Indonesien nämlich als Schwellenland. Aber die Bezeichnung "Schwellenland" trifft sicher nur auf einige sehr wenige Gebiete zu. An vielen Regionen und Inseln geht die Entwicklung vorbei. Wegen der schwíerigen geographischen Situation wird Indonesien auch noch lange Zeit unter großen sozialen und wirtschaftlichen Unterschieden leiden. Ein Zeit-online-Artikel von 2008 bestätigt diese Einschätzung. Nach meiner Ansicht hat sich diese Situation bis heute eher wieder verschlimmert.

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